2023-05-25

Offener Brief an alle Eltern aus Hilden

Liebe Eltern,

leider haben wir im letzten Jugendhilfeausschuss das Scheitern von Hildens großen Volksparteien an der Aufgabenstellung erleben müssen, akute und dringende Antworten für Hildens Bildungs- und Betreuungsproblematik zu geben.

Man ruht sich stattdessen lieber auf dem bisher Erreichten aus und klopft sich auf die Schultern, obwohl die Betreuungslage weiterhin prekär ist.

Mit Verlaub, das bisher Erreichte ist im Vergleich zu den den umliegenden Kommunen nicht spektakulär. Die Stadt Monheim hat beispielsweise seit 2019 vier neue KiTas gebaut und plant aktuell den Neubau sechs weiterer KiTas.

In Hilden sind große Teile der Politik stolz auf nur eine gebaute KiTa und drei kleine Wald-und Erlebnisgruppen seit 2015, die teilweise auch schon wieder (zeitweise) aus dem Betrieb genommen werden mussten. Allein daran erkennt man schon die unterschiedlichen Prioritäten der Kommunen.

Wie prekär die aktuelle Lage in Hilden ist, zeigt ein Blick in den aktuellen Kindergartenbedarfsplan, der allen Parteien vorliegt. Hier gibt die Stadtverwaltung den Parteien im Zusammenhang mit einer Änderung des Sozialgesetzbuchs folgenden Hinweis:

“Um dies in der gebotenen Güte zu bewerkstelligen, setzen sich die Hildener Kindertageseinrichtungen aktuell verstärkt mit ihrem pädagogischen Auftrag auseinander. Gleichzeitig wirken mit dem Fachkräftemangel, mit Überbelegungen, mit durch die Belastungen der Coronazeit geprägten Teams und Kindern starke Fliehkräfte auf das System Kita ein und bringen die Branche an ihre Belastungsgrenze. Hier gehen Anspruch und Wirklichkeit zum Leidwesen von Familien, Fachkräften, Leitungen und Trägern teils unvereinbar auseinander.”

Mit Blick auf die gesetzlichen Anforderungen stellt die Verwaltung in der gleichen Kindergartenbedarfsplanung fest:

“In der aktuellen Situation können diese gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten werden. Es gibt keine freien Plätze und es sind bereits flächendeckend Überbelegungen (soweit möglich 2 Kinder je Gruppe) aktiviert.”

In allen anderen vorherigen Kindergartenbedarfsplanungen machte die Verwaltung bereits auf die fehlenden Betreuungsplätze und die nicht ausreichende Betreuungsqualität aufmerksam und machte Vorschläge zu deren Lösung. Dies reicht bereits zurück in die Zeiten von Bürgermeisterin Birgit Alkenings (SPD) und wird sicherlich auch schon in vorhergegangenen Dokumenten zu finden sein.

Dennoch melden die großen Parteien weiterhin “Beratungsbedarf” an - um eine Lösungsfindung, im Endeffekt, auszusitzen. Anders ist diese Diskrepanz von Erkenntnis und Verhalten nicht mehr zu erklären. 

Man versteckt sich nun hinter dem Fachkräftemangel, anstatt diesen auf kommunaler Ebene anzugehen und an einzelnen kommunalen Stellschrauben zu drehen, damit Hilden als Arbeitgeber an Attraktivität gewinnt. Der Fachkräftemangel ist keine neue Entwicklung, die Hilden aus heiterem Himmel getroffen hat. Auch hier wurde die Stadt nicht ausreichend vorbereitet, wie es geboten gewesen wäre.

Das ist mutlos, ambitionslos und verantwortungslos und hat mit vorausschauender Politik wenig zu tun.

Stattdessen vergrault man die verbliebenen Arbeitskräfte mit Entscheidungen, die unverständlich bleiben, ein Armutszeugnis für den Familienstandort Hilden darstellen und das Klientel der Familien mit Kindern oder mit Kinderwunsch weder vertreten noch abbilden. Das sollte den so genannten “Volksparteien” mindestens zu denken geben.

Die Gruppengrößen hätten perspektivisch zwingend verkleinert werden müssen, damit Hilden im kommunalen Kampf um die Arbeitnehmer überhaupt eine Chance haben kann, wobei gleichzeitig auch der akute Betreuungsmangel hätte angegangen werden müssen.
Stattdessen passiert einfach weiter gar nichts.

Auch die unklaren Baukosten, die regelmäßig aufgeführt werden, dürfen kein ernsthaftes Argument sein, den Bau weiterer KiTas zu pausieren - das Projekt Lortzingstraße wurde schon im Anfangsstadium der Planung gestoppt, bevor die Baukosten überhaupt beziffert werden konnten. Die Politik muss sich auch hier zwingend die Frage stellen, was Familien die Kommune kosten dürfen und was unsere Kinder der Stadt wert sind!

Es darf und sollte auch nicht vergessen werden: Jedes Kind hat ein unanfechtbares Recht auf Bildung, soziale Teilhabe und Betreuung. Auch in Hilden. 

Leider sieht und bewertet das eine Mehrheit unserer kommunalen Politikerinnen und Politiker anders als der JAEB und stellt sich damit auch gegen die Empfehlungen der Stadtverwaltung. Daher sehen wir uns zu dem Schritt gezwungen, unseren Eltern die Empfehlung zu geben, auf den rechtlichen Anspruch der Betreuung zu bestehen und dem Ablehnungsbescheid zu widersprechen bzw. notfalls den Klageweg zu beschreiten.

https://www.arag.de/rechtsschutzversicherung/familienrechtsschutz/kita-platz-klage-und-alternativen/

https://www.dr-stoll-kollegen.de/anwalt-kindergartenrecht

Wir sehen derzeit leider keine Alternative mehr zu diesem Schritt.

Die Politik hat uns Familien keine tragfähigen Alternativen präsentiert, sondern lehnt weiterhin alle Vorschläge ab und lässt uns so mit dem Betreuungsmangel allein im Regen stehen.

Aus unserer Sicht ist aus der Frage des Nicht-Könnens leider eine Frage des Nicht-Wollens geworden. Sauer werden wir, wenn sich Politikerinnen und Politiker stattdessen noch öffentlich damit brüsten, das Beste für die Kinder zu wollen, die am meisten unter den Auswirkungen von Personalmangel, Notbetreuung etc. leiden!

Der JAEB wird weiter dafür kämpfen, dass die Rechte unserer Kinder und Eltern nicht derart respektlos beschnitten und missachtet werden!

Daher arbeiten wir konsequent daran, die Problematik schnellstmöglich angehen und den Familienstandort voranbringen zu können. So wird der JAEB in Kürze ein Maßnahmenpaket vorstellen, wie die Kommune sich dem Wettbewerb um die Fachkräfte besser stellen könnte und wir hoffen, dass diese Ideen ernsthaft diskutiert und zumindest in Teilen auch umgesetzt werden. Wir laden selbstverständlich alle Parteien ein, sich endlich konstruktiv einzubringen und hoffen natürlich auch auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung.
Unsere Türen stehen immer offen.

Mit freundlichem Gruß
JAEB Hilden

JAEB Hilden - 12:20:51 | Kommentar hinzufügen





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